Do 14.1., 15 Uhr bis Fr 15.1., 19 Uhr | Hygiene-Museum | Marta Fraenkel-Saal
8060 Dresden / 7050 Leipzig / 9040 Karl-Marx-Stadt.
Nonkonforme Kunst und alternative Kultur in Sachsen vor 1989
Die Postleitzahlen verfallender und auf ‘Abriss gestellter’ Gründerzeitviertel in den sächsischen Bezirksstädten Leipzig, Dresden und Karl-Marx-Stadt avancierten in der Honecker-Ära der DDR zu Synonymen alternativer Lebensentwürfe. Die ‘Äußere Neustadt’ in Dresden (Postleitzahl 8060), Leipzig-Connewitz (Postleitzahl 7050) oder das verfallende Stadtquartier Sonnenberg hinter dem Karl-Marx-Städter Hauptbahnhof (Postleitzahl 9040) wurden bereits mit Beginn der 1970er Jahre zu besetzten Sozialräumen städtischer Subkulturen. Diese standen in besonderer Weise im Fokus der Bezirksverwaltungen des Ministeriums für Staatssicherheit, welche diese Inbesitznahmen städtischer Räume anfangs mit offener Repression, später mit dem perfiden Instrumentarium der ‘Zersetzung’ bekämpfte. Die Tagung thematisiert erstmals den formativen Beitrag der sächsischen Bezirksstädte für die Etablierung einer künstlerischen Gegenkultur in der DDR.
Mit dem auf der Tagung gesetzten Schwerpunkt auf die bildkünstlerisch intendierten Aktionsfelder (und deren interdisziplinären und intermedialen Verkettungen mit Literatur, Film, Musik und Tanz) sollen die Eigenheiten der jeweiligen Stadtsubkulturen vorgestellt werden, welche sich etwa durch differente Rahmenbedingungen und Programmpolitiken ausdrücken (so im Vergleich der künstlerischen Hochschulstandorte Dresden und Leipzig zur Industriestadt Karl-Marx-Stadt). Zugleich werden die Interferenzen und übergreifenden Aktionsfelder zwischen den Akteuren der drei Städte und ihren ländlichen Rückzugsräumen thematisiert, die in Pleinairs, Künstlerfesten oder Festivals ihren Ausdruck fanden.
Neben der angesprochenen Repressionspolitik durch SED, Staat und MfS sollen aber auch die städtischen Schutzmächte (Kirchen, Hochkulturinstitutionen, Künstlerverbände) dargestellt werden, die in unterschiedlicher Weise in allen drei Städten existierten, sowie jene halboffiziellen Aktionsorte, welche vor allem zwischen 1971 und 1976 und dann ab 1985 der Gegenkultur erweiterte Spielräume boten – in Dresden etwa das städtische “Leonhardi-Museum”, in Karl-Marx-Stadt die genossenschaftliche “Galerie Oben” oder in Leipzig das Klubhaus Steinstraße 18.
Die Tagung stellt ebenso die Frage nach der Verortung der hier am sächsischen Beispiel diskutierten künstlerischen Gegenkultur in der DDR zwischen osteuropäischen Dissidenzkulturen und westeuropäischen Protestbewegungen sowie zwischen den Modellen einer Amerikanisierung und Sowjetisierung im Kalten Krieg.
Veranstalter:
Sächsische Landeszentrale für politische Bildung
Stiftung Deutsches Hygiene-Museum
Technische Universität Dresden
Ohne uns! – Kunst und alternative Kultur in Dresden vor und nach 89
Leitung: Frank Eckhardt und Dr. Paul Kaiser
Kosten: Es wird eine Tagungsgebühr in Höhe von 10 Euro p.P. erhoben. (zahlbar im Tagungsbüro)
Referenten:
Susanne Altmann, M.A., Kunstwissenschaftlerin, Dresden
Prof. Dr. Gerrit-Jan Berendse, Cardiff University, School of European Studies
Frank Eckhardt, Kurator „Ohne uns!“ und Geschäftsführer riesa efau. Kultur Forum Dresden
Yvonne Fiedler, Historikerin M.A. / Dipl.-Kulturmanagerin, Leipzig
Dr. Eckhart Gillen, Kulturprojekte Berlin, Kurator der Ausstellung „Kunst und Kalter Krieg“
Dr. Paul Kaiser, Technische Universität Dresden, SFB 804 „Transzendenz und Gemeinsinn“
Gwendolin Kremer, M.A., DFG-Graduiertenkolleg Generationengeschichte, Georg-August-Universität Göttingen
Dr. Klaus Michael, Präsidialsekretär der Sächsischen Akademie der Künste, Dresden
Prof. Dr. Karl-Siegbert Rehberg, Technische Universität Dresden, Institut für Soziologie
Christoph Tannert, Geschäftsführer Künstlerhaus Bethanien, Berlin
Dr. Andreas Thielemann, Bibliotheca Hertziana, Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom
Dr. Angelika Weißbach, Technische Universität Dresden, BMBF-Verbundprojekt „Bildatlas: Kunst in der DDR“
Tagungsprogramm (hier als pdf)
Donnerstag, 14.1.2010
15.00 Uhr
Begrüßung
Gisela Staupe, Stellvertretende Direktorin Stiftung Deutsches Hygiene-Museum
Frank Eckhardt, Kurator “Ohne uns!” und Geschäftsführer riesa efau. Kultur Forum Dresden Continue reading “Tagung – 8060/7050/9040”